Warum gendersensible Sprache für Inklusion wichtig ist – auch oder gerade im Fußball
Sprache spiegelt gesellschaftliche Wirklichkeit wider und prägt gleichzeitig unseren Blick auf die Realität. Unser Sprechen, aber auch unser Schweigen über bestimmte Themen oder Personenkreise zeigt, was oder wer uns wichtig ist oder nicht. Sprache schließt also ein oder aus.
Als KickIn! stehen wir für Inklusion im Fußball, also für die Schaffung gleichberechtigter Teilhabemöglichkeiten für alle Menschen darin. Wir setzen uns für den Abbau von Barrieren ein, die die Zugänge zum Fußball behindern. Ob auf dem Platz, auf den Rängen oder in den Vereinen sowie Verbänden. Und wir verlassen uns bei unserer Arbeit gern auf überprüfbare Fakten zum Thema. So auch bei gendergerechter Sprache.
Gerade in der Männerdomäne Fußball sind weibliche und queere Fans, Sportler*innen und Funktionär*innen seit langem unterrepräsentiert. Sie erfahren auf verschiedenen Ebenen direkte oder indirekte Diskriminierung und Ausgrenzung. Viele Interessensgruppen oder Initiativen wie aktuell „Fußball kann mehr“, die „SportPride“ und die ihnen angeschlossenen Organisationen fordern deshalb mehr Bemühungen um Sichtbarkeit und Zugang zu den Strukturen des Fußballs. Gendergerechte Sprache wäre dabei sicherlich nicht das Einzige, aber EIN wirksames Mittel zum Erfolg.
Warum das so ist? Das zeigt die wissenschaftliche Forschung sehr deutlich:
Faktencheck: was bringt gendersensible Sprache?
Die Studien aus der Sprachforschung seit den 1980er Jahren belegen übereinstimmend, dass die Nutzung gendersensibler Formulierungen in der Sprache die Wahrnehmung und Sichtbarkeit von Frauen erhöht. Die Nutzung des sogenannten „generischen Maskulinums“ hingegen führt dazu, dass sich die meisten Menschen vor allem Männer darunter vorstellen. Das generische Maskulinum bezeichnet eine männlichen Bezeichnung für eine Personen- oder Berufsgruppe bestehend aus Männern und Frauen, z.B. „die Mitarbeiter“. Neutralisierende Formulierungen wie „Mitarbeitende“ haben als Alternative gewisse ausgleichende Effekte. Aber, die Forschung zeigt: je expliziter die sprachliche Mitnennung von Frauen und anderen Geschlechtern erfolgt, desto stärker werden diese auch gedanklich einbezogen.
Effekte bereits im Kindesalter nachgewiesen
Das passiert bereits im Kindesalter. So wurde nachgewiesen, dass die gewählte Begrifflichkeit Berufswünsche schon bei Kindern beeinflusst: Mädchen können sich eher typische Männerberufe vorstellen, wenn diese gendergerecht formuliert sind. Umgekehrt sehen sich Jungen dann auch eher in klassisch weiblich geprägten Berufsgruppen. Weitere Erhebungen in großen Unternehmen zeigen, dass sich Frauen und Menschen diverser geschlechtlicher Identitäten eher bewerben, wenn auch die dazugehörigen Stellenausschreibungen in gendergerechter Sprache verfasst sind.
Textverständnis und Lesbarkeit werden nicht beeinträchtigt
Und diverse Studien zu Textverständnis und Lesbarkeit mit Zielgruppen unterschiedlichster Bildungs-, Sprachniveaus und Altersstufen belegen außerdem: gendersensible Formulierungen beeinträchtigen nicht das inhaltliche Verständnis eines Textes. Manche Studien deuten darauf hin, dass die Lesbarkeit anfänglich schlechter bewertet wird. Dies allerdings nähme ab, sobald der Gewöhnungseffekt einsetzt.
Gendergerechte Sprache allein ist keine Lösung, aber…
Anders ausgedrückt: natürlich kann gendergerechte Sprache allein keine Gleichberechtigung erreichen. Aber sie trägt nachweislich positiv zur Sichtbarkeit und gedanklichen Einbeziehung von Mädchen, Frauen und Menschen diverser Identitäten bei. Und sie beeinträchtigt gemäß wissenschaftlichen Erkenntnissen weder Lesbarkeit noch Textverständnis maßgeblich. Gendergerechte Sprache wirkt damit inklusiv.
Schön und gut, denken sich nun wohl die ein oder anderen. Gefühlt gendern aber alle unterschiedlich. Wenn wir nun gendern wollen, was wäre denn dann die inklusivste und „beste“ Vorgehensweise?
Quellennachweise & weiterführende Informationen:
Kotthoff, Helga; Nübling, Damaris (2018): Genderlinguistik. Eine Einführung in Sprache, Gespräch und Geschlecht. Tübingen: Narr Francke Attempto.
Vervecken, Dries & Hannover, Bettina. (2015): Yes I Can! Effects of Gender Fair Job Descriptions on Children’s Perceptions of Job Status, Job Difficulty, and Vocational Self-Efficacy. Social Psychology. 46. 76-92.
Monster Insights Studie 2021 zu aktuellen Entwicklungen im Personalmanagement
Pöschko, Heidemarie & Prieler, Veronika. (2018): Zur Verständlichkeit und Lesbarkeit von geschlechtergerecht formulierten Schulbuchtexten. Zeitschrift für Bildungsforschung.