Mehr Thomas als Frauen auch im Fußball?
KickIn! auf der Suche nach den Frauen im Profifußball
Zum internationalen Frauentag am 08. März 2023 haben wir uns einmal auf die Suche gemacht. Auf die Suche nach Fakten zu Frauen im Fußball. Obwohl es zuletzt einige positive Entwicklungen zu Geschlechtergerechtigkeit im deutschen Fußball gab, werden die Rufe nach mehr Gleichberechtigung immer lauter. Grund genug für uns nochmal genauer hinzuschauen.
Im Fußball entscheiden vor allem Männer – auch im Fußball der Frauen
Dass im Profifußball der Männer vor allem Männer Entscheidungs-Positionen des professionellen Männer-Profi-Fußballs der Bundesliga, 2. Bundesliga und 3. Liga besetzen, dürfte nur wenig überraschen. In der Frauen-Bundesliga sieht es verglichen damit immerhin besser aus – aber auch hier sind über Zwei Drittel der Entscheider*innen in Geschäftsleitung und Vorstandspositionen männlich.
Zusammengenommen: Von 448 entscheidenden Positionen im professionellen Fußball in Deutschland sind 407 Positionen von Männern und 41 Positionen von Frauen besetzt. Dies ergibt eine Frauen-Quote von gerade einmal 9,15 Prozent.
Für diese Statistik haben wir die Ebenen der Trainer*innen, des Managements (Geschäftsführung, sportliche Leitung etc.) und der Vereins-Präsidien bzw. -Vorstände in den genannten vier Ligen analysiert. Auf Ebene der Chef-Trainer*innen liegt der Frauen-Anteil demnach bei durchschnittlich 4,41 Prozent. Auf der Management-Ebene ist die Quote an Frauen mit 11,18 Prozent aktuell noch am höchsten. Gleich danach folgen die Vereinspräsidien mit einem Frauenanteil von 9,13 Prozent.
Meister*innen in Männer-Bundesliga, 2. Bundesliga, 3. Liga & in der Frauen-Bundesliga liegen hinter den Fans zurück
Ein Blick in die einzelnen Ligen offenbart noch klarere Unterschiede im Fußball der Männer und im Fußball der Frauen. In der Bundesliga führen der FC Schalke 04 und der SV Werder Bremen die Tabelle mit einem Frauen-Anteil von 25,00 Prozent an, gefolgt von Borussia Dortmund und der TSG Hoffenheim mit jeweils 14,29 Prozent.
In der 2. Bundesliga kommt Eintracht Braunschweig, wie die Spitzenreiter in der 1. Liga, ebenfalls auf 25,00 Prozent. Auf Platz 2 der 2. Bundesliga landet der FC St. Pauli mit 18,18 Prozent. In der 3. Liga reichen bereits 14,29 Prozent für die Tabellenspitze – Borussia Dortmund II schafft erst hier die Meister*innenschaft, gefolgt vom SV Waldhof Mannheim mit 12,50 Prozent Frauen-Anteil in Entscheidungspositionen.
Mit den Werten, mit denen ein Club der 3. Liga der Männer in unserer alternativen Tabelle zum Weltfrauentag noch an der Tabellenspitze steht, wäre er in der Frauen-Bundesliga hingegen klar auf einem Abstiegsplatz. In der höchsten deutschen Spielklasse im Fußball der Frauen ist der SV Meppen mit einem Frauen-Anteil von 57,14 Prozent in Entscheidungspositionen alleiniger Spitzenreiter. Auf Platz 2 folgt Bayer 04 Leverkusen mit einem Anteil von 50,00 Prozent Frauen, gefolgt von der TSG Hoffenheim mit 42,86 Prozentpunkten.
Konkret sieht der Tabellenstand im deutschen Profifußball zum Weltfrauentag im März 2023 wie folgt aus:
Frauen-Anteil in der Bundesliga:
Platzierung | Verein | Frauenquote |
1 | FC Schalke 04 | 25,00% |
1 | SV Werder Bremen | 25,00% |
3 | Borussia Dortmund | 14,29% |
3 | TSG 1899 Hoffenheim | 14,29% |
5 | RasenBallsport Leipzig | 11,11% |
6 | VfL Bochum | 10,00% |
7 | Hertha BSC | 8,33% |
8 | 1. FC Union Berlin | 7,14% |
9 | 1. FC Köln | 0,00% |
9 | 1. FSV Mainz 05 | 0,00% |
9 | Bayer 04 Leverkusen | 0,00% |
9 | Borussia Mönchengladbach | 0,00% |
9 | Eintracht Frankfurt | 0,00% |
9 | FC Augsburg | 0,00% |
9 | FC Bayern München | 0,00% |
9 | SC Freiburg | 0,00% |
9 | VfB Stuttgart | 0,00% |
9 | VfL Wolfsburg | 0,00% |
Gesamt | 7,53% |
Frauen-Anteil in der 2. Bundesliga:
Platzierung | Verein | Frauenquote |
1 | Eintracht Braunschweig | 25,00% |
2 | FC St. Pauli | 18,18% |
3 | 1. FC Heidenheim 1846 | 16,67% |
4 | 1. FC Kaiserslautern | 14,29% |
5 | SpVgg Greuther Fürth | 11,11% |
6 | SV Darmstadt 98 | 10,00% |
7 | 1. FC Magdeburg | 0,00% |
7 | 1. FC Nürnberg | 0,00% |
7 | Arminia Bielefeld | 0,00% |
7 | FC Hansa Rostock | 0,00% |
7 | Fortuna Düsseldorf | 0,00% |
7 | Hamburger SV | 0,00% |
7 | Hannover 96 | 0,00% |
7 | Holstein Kiel | 0,00% |
7 | Karlsruher SC | 0,00% |
7 | SC Paderborn 07 | 0,00% |
7 | SSV Jahn Regensburg | 0,00% |
7 | SV Sandhausen | 0,00% |
Gesamt | 6,15% |
Frauen-Anteil in der 3. Liga:
Platzierung | Verein | Frauenquote |
1 | Borussia Dortmund II | 14,29% |
2 | SV Waldhof Mannheim | 12,50% |
3 | SV 07 Elversberg | 9,09% |
4 | 1. FC Saarbrücken | 0,00% |
4 | FC Erzgebirge Aue | 0,00% |
4 | FC Ingolstadt 04 | 0,00% |
4 | FC Viktoria Köln | 0,00% |
4 | FSV Zwickau | 0,00% |
4 | Hallescher FC | 0,00% |
4 | MSV Duisburg | 0,00% |
4 | Rot-Weiss Essen | 0,00% |
4 | SC Freiburg II | 0,00% |
4 | SC Verl | 0,00% |
4 | SG Dynamo Dresden | 0,00% |
4 | SpVgg Bayreuth | 0,00% |
4 | SV Meppen | 0,00% |
4 | SV Wehen Wiesbaden | 0,00% |
4 | TSV 1860 München | 0,00% |
4 | VfB Oldenburg | 0,00% |
4 | VfL Osnabrück | 0,00% |
Gesamt | 2,26% |
Frauen-Anteil in der Frauen-Bundesliga:
Platzierung | Verein | Frauenquote |
1 | SV Meppen | 57,14% |
2 | Bayer 04 Leverkusen | 50,00% |
3 | TSG 1899 Hoffenheim | 42,86% |
4 | SC Freiburg | 40,00% |
5 | 1. FFC Turbine Potsdam | 33,33% |
6 | SV Werder Bremen | 30,77% |
7 | FC Bayern München | 28,57% |
8 | Eintracht Frankfurt | 20,00% |
8 | SGS Essen | 20,00% |
10 | 1. FC Köln | 16,67% |
11 | VfL Wolfsburg | 0,00% |
11 | MSV Duisburg | 0,00% |
Gesamt | 28,57% |
Auf Trainer*innen-Bänken, in den Geschäftsstellen und in den Präsidien des deutschen Profifußballs ist der Anteil an Frauen somit nach wie vor nicht einmal halb so hoch wie auf den Tribünen der Bundesliga-Stadien – zumindest jenen im Männerfußball. Dort fiebern laut Daten der DFL 27 Prozent Frauen unter allen Besucher*innen mit.
Alle Thomas auch im Fußball, oder was?
Der sogenannte „Thomas-Kreislauf“ der AllBright-Stiftung beschreibt ein Muster, wie Unternehmen Mitglieder ihrer Führungsetagen besetzen – nämlich oft nach dem eigenen Spiegelbild derjenigen, die entscheiden. In Deutschland hat dies tatsächlich zur Folge, dass mehr Menschen mit dem Namen „Thomas“ in vielen Vorstandsetagen zu finden sind, als Frauen insgesamt.
Und ja, der „Thomas-Kreislauf“ scheint tatsächlich auch im Fußball zu existieren: so gibt es in der Bundesliga, 2. Bundesliga, 3. Liga und Frauen-Bundesliga zusammen mehr Cheftrainer mit Namen Thomas (7) als Frauen als Chef-Trainerinnen (3).
Im deutschen Profi-Fußball der Männer (Bundesliga, 2. Bundesliga & 3. Liga) stehen auch auf der Management-Ebene sieben Männern, die Thomas heißen, insgesamt nur fünf Frauen gegenüber. Aber es gibt auch Licht: auf alle vier Profiligen bezogen gibt es auf Präsidium und Management-Ebene zusammengenommen im Schnitt schon mehr Frauen als Thomasse.
Aber die Aufsichtsräte!
Wir von KickIn! hatten übrigens nicht als Einzige die Idee, den Anteil an Frauen in entscheidenden Positionen im deutschen Profifußball einmal unter die Lupe zu nehmen. So analysierten unsere Freund*innen von „FUSSBALL KANN MEHR“ passend zum gestrigen Equal Pay Day den Frauen-Anteil in Führungspositionen und in Aufsichtsräten der Bundesliga und 2. Bundesliga. Basierend auf den Daten der Doktorarbeit von Matthias Dombrowski ergeben sich dort Frauen-Anteile von drei Prozent in Führungspositionen und zehn Prozent in den Aufsichtsräten. Definitiv eine spannende Untersuchung, die wir euch an dieser Stelle wärmstens empfehlen.
Wo Schatten ist…
Es gibt aber auch viele gute Nachrichten: laut „FUSSBALL KANN MEHR“ hat sich die Anzahl der Frauen in Managementfunktionen im deutschen Profifußball in den letzten Jahren vervierfacht. Ein Trend, der hoffentlich noch an Fahrt aufnimmt. Am internationalen Weltfrauentag ist es uns ein Anliegen, nicht nur den Finger in die Wunde zu legen. Stattdessen feiern wir all die Frauen und FLINTA (Frauen, Lesben, Inter, Nichtbinäre, Trans, Agender) Personen, die den Fußball in Deutschland schon heute bereichern.
Und davon gibt es viel mehr als oft sichtbar sind – hier bei uns im KickIn! Team, auf den Tribünen, in Fanorganisationen, in Netzwerken wie F_in Frauen im Fußball , in Initiativen wie The League Community, Equaletics und in den Geschäftsstellen der Vereine und Verbände.
Lasst uns gemeinsam weiter an der Vision für einen inklusiven Fußball für alle Geschlechter arbeiten – auch dort, wo die Entscheidungen für ihn getroffen werden.
Quellen zu Daten:
KickIn! Recherche (2023): Vereinsvorstände, Geschäftsleitungen, Cheftrainer*innenpositionen in den Vereinen der Bundesliga, 2. Bundesliga, 3. Liga der Männer und der Frauen-Bundesliga
DFL Stadionerhebung (2019)
FUSSBALL KANN MEHR / Matthias Dombrowski (2023)