Digitale Barrierefreiheit:
Gelbe Karte für den deutschen Profifußball
Im Rahmen von KlickStart!, der Aktionswoche zur digitalen Barrierefreiheit im Fußball, haben wir die Webseiten des deutschen Profifußballs einem Schnellcheck im Hinblick auf Barrierefreiheit unterzogen. KickIn! – Beratungsstelle Inklusion im Fußball und Unsere Kurve haben dabei festgestellt, dass der Profifußball in Deutschland noch viel Nachholbedarf beim Thema digitale Barrierefreiheit hat.
Insgesamt konnte jeder Club / Verband in unserem Schnellcheck maximal zehn Punkte erreichen. Für die Meisterschaft in den jeweiligen Ligen reichten jedoch schon sechs Punkte. Die Titel gingen dabei an Hertha BSC (Bundesliga), Werder Bremen (2. Bundesliga) und 1. FC Magdeburg (3. Liga). Im Ligen-Vergleich zeigt sich, dass die 3. Liga mit 74 Punkten vor der 2. Bundesliga mit 70 und vor der Bundesliga mit 69 von jeweils möglichen 180 Punkten landete. Im Folgenden stellen wir euch die Ergebnisse und die Kurz-Erklärungen zu den Prüfschritten vor.
Ergebnisse im Überblick
- Alternativtexte: Nur eine der 56 getesteten Webseiten hat die Vorgaben in der Kategorie Alternativtext zumindest „teilweise erfüllt“. Hertha BSC ist bisher der einzige Club im deutschen Profifußball, der auf aussagekräftige Bildbeschreibungen setzt. Auch wenn beim Hauptstadtclub bei der Genauigkeit der Beschreibung noch Verbesserungspotenzial besteht, reicht es für den Titel Deutscher Meister in der Kategorie Alternativtexte.
- Überschriftenstruktur: Immerhin zehn der 56 getesteten Webseiten haben die Voraussetzungen in der Kategorie Überschriftenstruktur erfüllt, weitere 36 Clubs/Verbände zumindest teilweise. Auf zehn Webseiten wurden die Voraussetzungen nicht erfüllt.
- Farbkontraste: Die Voraussetzungen in der Kategorie Kontraste erfüllen zwei Erstligisten und zwei Zweitligisten. 24 weitere Webseiten der Profifußball-Clubs und Verbände erfüllen die Vorgaben zumindest teilweise, 28 Internetseiten erfüllen die Vorgaben nicht.
- Untertitelung von Videos: Plattformen wie YouTube bieten mittlerweile eine nicht immer fehlerfreie automatische Untertitelung von Videos an. Doch nur auf 35 von 56 Webseiten im deutschen Profifußball werden solche Funktionen genutzt. Bei 20 Clubs/Verbänden werden den Fans gar keine Untertitel angeboten. Mit der TSG Hoffenheim setzt bisher nur ein Club auf selbstbearbeitete Untertitel. Die Kraichgauer*innen sind damit Deutscher Meister beim Thema Untertitel.
- Festlegung der Sprache: In dieser Kategorie erreichten die Webseiten im deutschen Profifußball die höchste Punktzahl. 44 der 56 getesteten Internetseiten erfüllen die Vorgaben komplett. Immerhin noch teilweise werden die Vorgaben von weiteren sieben Internetauftritten erfüllt. Nur fünf Webseiten haben die Sprache gar nicht oder falsch festgelegt.
Carlo Kosok von KickIn! – Beratungsstelle Inklusion im Fußball erklärt zu den Ergebnissen: „Dafür erhalten die Vereine die gelbe Karte! Unser Webseiten-Schnellcheck hat den Nachholbedarf beim Thema digitale Barrierefreiheit im deutschen Profifußball deutlich gezeigt. Es ist Zeit für die Clubs und Verbände sich dem Thema intensiver zu widmen. Wir stellen den Vereinen und Verbänden unsere Unterstützung zur Verfügung.“
Was haben wir getestet?
Wir haben die Online-Auftritte der Vereine aus Bundesliga, 2. Bundesliga,3. Liga sowie die Seiten bundesliga.de und dfb.de in den folgenden fünf Kategorien getestet:
- Alternativtexte: Ein Alternativtext ist eine kurze sprachliche Beschreibung eines digitalen Bildes/Fotos. Screenreader lesen Alternativtexte für blinde und sehbehinderte Personen (ca. 1,2 Mio. Menschen in Deutschland) vor. Alternativtexte sorgen zudem dafür, dass Bilder über Suchmaschinen besser gefunden werden.
- Farbkontraste: In dieser Kategorie wurden Unterschiede zwischen hellen und dunklen Bereichen auf den Webseiten des Profifußballs in Deutschland untersucht. Von hohen Kontrasten profitieren alle Menschen und insbesondere 4,1 Millionen farbblinde und 1,2 Millionen Menschen mit Sehbehinderung in Deutschland.
- Überschriftenstruktur: Webseiten-Inhalte sollen durch markierte Überschriften und Absätze logisch strukturiert sein. Die Überschriften sollen dabei eine logische Reihenfolge besitzen.
- Untertitelung von Videos: Die Untertitelung von Videos hilft hörbehinderte Menschen. In Deutschland gibt es etwa 15 Millionen Menschen mit Hörbehinderung. Aber auch viele anderen Menschen profitieren von Untertiteln, z.B. beim Schauen von Videos in öffentlichen Verkehrsmitteln.
- Festlegung der Sprache: Damit Screenreader für blinde und sehbehinderte Personen Webseiten-Inhalte richtig vorlesen können, muss auf der Webseite die Sprache richtig festgelegt sein.
Bei unserem Webseiten-Schnellcheck haben wir uns an der Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung – BITV 2.0 (Verordnung zur Schaffung barrierefreier Informationstechnik nach dem Behindertengleichstellungsgesetz) orientiert. Von den insgesamt 98 möglichen Prüfschritten haben wir fünf geeignete Kategorien ausgewählt. Die 56 Webseiten konnten dabei in jeder Kategorie die Rankings „nicht erfüllt = 0 Punkte“, „teilweise erfüllt = 1 Punkt“ und „erfüllt = 2 Punkte“ erreichen. Für eine vollständige Prüfung einer Webseite sind selbstverständlich weitere Schritte notwendig. Insbesondere das Testen von Formularfeldern im Hinblick auf barrierefreie Teilhabe sei hier empfohlen.
Warum ist digitale Barrierefreiheit wichtig?
Durch digitale Barrierefreiheit wird der Zugang zu Informationen auf Webseiten, Apps, digitalen Dokumenten und Formularen sowie Social Media-Beiträgen für alle Fans ermöglicht. Das bedeutet: Alle Menschen können Inhalte wahrnehmen, verstehen, navigieren und mit ihnen interagieren. Eine barrierefreie Webseite ist modern, verringert Frustration und erhöht die Verweilzeit von User*innen mit und ohne Behinderung.
Im Rahmen von „KlickStart! -Aktionswoche zur digitalen Barrierefreiheit im Fußball“ kann in kostenlosen Schnupperkursen das eigene Wissen zum Thema digitale Barrierefreiheit erweitert werden. Alle Interessierten können sich noch über unsere Aktionsseite anmelden.
Helen Breit von Unsere Kurve hofft auf rege Teilnahme an der Aktionswoche: „Fußball ist für Alle da! Doch damit alle dabei sein können, müssen verschiedene Barrieren im Fußball abgebaut werden, auch im digitalen Raum. Wir fordern alle – Vereine, Verbände und auch uns Fans – auf, ihren Beitrag zu Barrierefreiheit und Inklusion im Fußball zu leisten. Die KlickStart!-Aktionswoche ist dazu eine gute Gelegenheit.“