Choreographie St. Pauli. Unten Banner in Regenbogenfarben mit Aufdruck "all colours are beautiful". Darüber schwingen Fans bunte Fahnen.
Foto: Stefan Groenveld

Beratung am Millerntor: inklusive Entwicklung in Leuchtturmprojektenzum Artikel in deutscher Gebärdensprache

Fünf Jahre KickIn! bedeutet für uns auch einen Rückblick auf die vergangenen Jahre begleitet von der Frage: erreichen wir eigentlich das, wofür wir angetreten sind? Die vor-Ort-Begleitung von Vereinen und Verbänden im Fußball zu Inklusion und Vielfalt hat sich schon ab dem ersten Jahr zum heutigen Kern der Arbeit von KickIn! entwickelt. In unserer Öffentlichkeitsarbeit findet dieser Bereich allerdings kaum statt. Denn es ist in aller Regel nicht Ziel dieser Aktivitäten, besonders öffentlichkeitswirksam zu sein. Vielmehr sollen in den Vereinen in vielen kleinen Schritten gemeinsam nachhaltige, echte strukturelle Veränderungsprozesse für mehr Diversität im Fußball erreicht werden. Zu unserem kleinen Jubiläum wollen wir euch jetzt aber einmal mit hinter die Kulissen dieses sonst eher unsichtbaren Wirkungsfelds blicken lassen.

Erst die Strukturen, dann die Führungskräfte, dann die Mitglieder

Der FC St. Pauli gehörte zu den ersten Kooperationspartner*innen von KickIn!. Die Prozessberatung beim FC St. Pauli startete bereits im Spätsommer 2018, weniger als ein Jahr nach Gründung der Beratungsstelle. Das Hauptziel der Kooperation bestand zunächst im Aufbau des Arbeitsbereichs Vielfalt & Inklusion in der Geschäftsstelle des Vereins.

Neben Unterstützung bei Entwicklung eines Stellenprofils und des Einstellungsverfahrens für den ersten Koordinator für Inklusion & Diversität im Verein, wurden zunächst die wichtigsten aktuellen vereinsinternen Leitlinien und Verfahren zum Thema überprüft und Führungskräfte des Vereins für die Grundlagen inklusiver Prozessgestaltung sensibilisiert. Zudem wurde das Millerntor-Stadion auf Verbesserung der infrastrukturellen Barrierefreiheit hin begutachtet.

Einen Höhepunkt der ersten Beratungsphase bildete ein ganztägiger Workshop zu Vielfalt & Inklusion in Kooperation mit dem Fanprojekt des FC St. Pauli, diversen Fangruppen und Mitgliedergremien. Etwa 100 Fans und Mitglieder kamen dort mit Vereinsvertreter*innen und Mitarbeitenden zusammen. Sie diskutierten gemeinsam anhand verschiedener Zielgruppen intensiv darüber, was noch getan werden muss, um den FC St. Pauli künftig für alle inklusiver zu gestalten.

Aus den reichhaltigen Ergebnissen wurden im Anschluss diverse Maßnahmen und Einzelprojekte abgeleitet, geordnet, priorisiert und anschließend in die ersten Umsetzungsschritte überführt. Im weiteren Verlauf bildeten sich insbesondere zwei übergeordnete Leuchtturmprojekte im Verein heraus, die KickIn! bis heute unterstützend begleitet:

Geschlechterdiversität und inklusive Kommunikation als Schlüsselprojekte

Ein auf der FC St. Pauli Jahreshauptversammlung Ende 2019 verabschiedeter Mitgliederantrag forderte Veränderungen für mehr Geschlechtergerechtigkeit bei Besetzung der ehrenamtlichen Vereinsgremien und der hauptamtlichen Geschäftsleitung. Infolge wurden zwei Arbeitsgruppen zur Umsetzung gegründet: eine AG, welche hauptsächlich die gendergerechte Entwicklung ehrenamtlicher Gremien im Verein vorantreiben sollte. Und eine weitere, bestehend aus Mitarbeitenden der Vereinsgeschäftsstelle, welche sich vor allem der Förderung von geschlechtergerechteren Strukturen im Hauptamt widmete. KickIn! begleitete seither insbesondere den Aufbau und die Arbeit der geschäftsstelleninternen „Steuerungsgruppe Diversität“. Die Ehrenamtlichen-AG wurde im Hintergrund bedarfsorientiert durch fachliche Inputs zum Themenfeld unterstützt.

Trotz vielfacher coronabedingter Erschwernisse und Verzögerungen können sich die bisherigen Ergebnisse der AGs sehen lassen:

  • im Jahr 2021 verankerte die Mitgliederversammlung des FC St. Pauli als erster Profifußball-Verein in Deutschland überhaupt mit überwältigender Mehrheit eine Frauenquote von 30 % für ihre zentralen ehrenamtlichen Gremien in der Satzung – Ergebnis: mehr Frauen als jemals zuvor bewerben sich seither auf diese Ämter.
  • die Steuerungsgruppe Diversität entwickelte in einem abteilungs- und hierarchieübergreifenden Prozess umfassende Leitlinien und Maßnahmenpläne zur weiteren Entwicklung von Vielfalt und Gendergerechtigkeit beim Arbeitgeber FC St. Pauli – die Leitlinien wurden jüngst einstimmig vom Präsidium des Vereins verabschiedet.

Als weiteren Schwerpunkt der inklusiven Entwicklung identifizierte der FC St. Pauli für sich das Thema Kommunikation. Unter der Zielsetzung, intern wie extern in Zukunft barrierefreier und inklusiver zu kommunizieren, wurden mehrere Maßnahmenpakete im Leuchtturm-Projekt „Klartext St. Pauli“ gebündelt und mithilfe von KickIn! umgesetzt:

  • Verbesserung der Zugänglichkeit der Stadion-Kommunikation: Informationen in Gebärdensprache auf Videoleinwand; audiodeskriptive Reportage im ganzen Stadion; Informationen in Leichter Sprache in der Stadionzeitung; Einführung von Zeige-Menüs
  • Verbesserung digitaler Barrierefreiheit: Überarbeitung der Vereins-Webseiten zugunsten digitaler Barrierefreiheit; Aufbau einer Sprachwelt in Leichter Sprache
  • Sensibilisierung: Schulung und Aufbau von Ressourcen für alle Mitarbeitenden des Vereins zu Grundlagen diskriminierungssensibler und inklusiver Kommunikation; Öffentlichkeitsarbeit zu LGBTIQ* und zu gendersensibler Sprache

Daniela Wurbs blickt zufrieden auf die bisherigen Ergebnisse: „Der FC St. Pauli hat sich in den vergangenen drei Jahren auf den Weg zu einer inklusiven Arbeit gemacht, die weit über Kampagnen gegen Diskriminierung hinausgeht, sondern auf nachhaltige, inklusive Strukturveränderung ausgelegt ist. Gerade die partizipative Umsetzungsstrategie gemeinsam mit Fans, Mitgliedern und Mitarbeitenden war beim FC St. Pauli dabei entscheidend. Wir freuen uns sehr, auch die nächsten Schritte auf dieser Reise begleiten zu dürfen!”

Franziska Altenrath, Leiterin Strategie, Veränderung & Nachhaltigkeit beim FC St. Pauli, sagt über KickIn!: „Wir bedanken uns bei KickIn! und besonders bei Daniela Wurbs, für die wertvolle Beratung, perspektiven-erweiternde Workshops, praxistaugliches Knowhow und das tolle Miteinander. Wir freuen uns, ein Teil des KickIn-Netzwerkes sein zu können und blicken gespannt auf die gemeinsamen Projekte der Zukunft.“

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